Klimaneutralität zu verkaufen: Emissionsgutschriften und ihre Rolle in der Landwirtschaft

Ein Baum steht auf einer grünen Wiese, darüber steht "CO2"

Autoren: Eleni Baka, M.Sc. & Christopher Hanek

In diesem wissenschaftlichen Artikel befassen wir uns mit einem aktuell sehr relevanten und viel diskutierten Thema: “Emissionsgutschriften” beziehungsweise “Carbon Credits”. Unser Artikel stellt keine Stellungnahme dar, sondern soll lediglich einen allgemeinen Überblick geben und generell erläutern, worum es sich bei diesem Thema handelt. Denn auch in der Landwirtschaft sind Emissionsgutschriften allgegenwärtig und hochaktuell.

Der Klimawandel und die Entstehung des “Kohlenstoffmarkts”

Die Eindämmung des Klimawandels ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen, derer die Menschheit gegenübersteht. Der Klimawandel ist ein Problem, das die gesamte Weltgesellschaft betrifft und unseren Planeten nachhaltig schadet. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen handeln.

Es wurden bereits Fortschritte gemacht, um das CO2 und andere Treibhausgase in der Atmosphäre zu reduzieren. Diverse Programme und Initiativen haben es sich weltweit zum Ziel gesetzt, die jahrelange Misswirtschaft, die hinsichtlich unserer Umwelt betrieben wurde, auszugleichen. Aus diesen Bemühungen heraus ist ein “Kohlenstoffmarkt” geboren, der laut Nachrichtenagentur Reuters ein Gesamtkapital von rund 277 Milliarden US-Dollar pro Jahr erwirtschaftet.

Im Jahr 2018 hat der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen, oft auch als Weltklimarat bezeichnet, (engl. Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) die Bedeutung von Negativer-Emissions-Technologie, kurz NET, beurteilt. Mit Hilfe dieser Technologie kann der CO2-Wert festgehalten werden. Wenn die CO2-Werte vorab bekannt sind, kann man grundsätzlich besser darauf achten, wie viel CO2 ausgestoßen werden darf.

CTA: Humus messen, Nitrat einsparen und Emissionen reduzieren

Was ist eine Emissionsgutschrift?

“Emissionsgutschriften” werden durch messbare und verifizierbare Emissionsreduktionen aus überprüften Klimaschutzprojekten erzeugt. Der Inhaber einer Emissionsgutschrift kann diese in Zertifikate umtauschen, die es ihm wiederum gestatten, mehr als die ihm zugestandenen Emissionsrechte zu emittieren.

Klimaschutzprojekte fördern eine nachhaltige Entwicklung – der Sinn solcher Projekte ist beispielsweise der Schutz von Ökosystemen, das Pflanzen von Bäumen oder das Reduzieren von Treibhausgasen, die in der Atmosphäre gebunden werden. Diese Projekte müssen strenge Kriterien erfüllen, damit sie die Verifizierung durch unabhängige Drittparteien und die Überprüfung eines Expertengremiums nach einem führenden Standard, zum Beispiel Verra oder dem Gold Standard, bestehen.

Wenn ein solches Klimaschutzprojekt den Ausstoß von CO2 oder CO2-Äquivalenten, also anderen dominanten Treibhausgasen, verhindert oder reduziert, wird für jede eingesparte Tonne Kohlenstoffdioxid ein CO2-Zertifikat ausgestellt. Auf internationaler Ebene werden die Zertifikate als “Carbon Credits” bezeichnet. Die folgende Tabelle zeigt, in welchem Umfang CO2 und CO2-Äquivalente zum globalen Erwärmungspotenzial beitragen:

Eine Tabelle, in der verschiedene Treibhausgase und ihr jeweiliges Treibhauspotenzial aufgelistet sind
Das Treibhauspotenzial, auch als „Globales Erwärmungspotenzial“ bezeichnet, dient als Index für die Erwärmungs- oder Klimawirkung einer bestimmten Menge eines Treibhausgases im Vergleich zu derjenigen von CO2 – deshalb spricht man auch von CO2-Äquivalenten, kurz CO2e

Welche Arten von Emissionsgutschriften gibt es?

Für den Klimaschutz ist es sehr wichtig, dass nicht nur Regierungen durch eventuelle Strafen und strenge Auflagen, sondern auch private Unternehmen durch Eigeninitiative zu einer Emissionsreduktion beitragen. Hierbei spielen die freiwilligen Emissionsreduktionen eine wichtige Rolle. Den Anfang machte das im Jahr 1997 ratifizierte Kyoto-Protokoll, in dem eine absolute und rechtlich bindende Begrenzung des Ausstoßes von Treibhausgasen festgelegt wurde.

Aktuell gibt es zwei Arten von Emissionsgutschriften: 

  • Freiwillige Emissionsreduktion (Voluntary Emission Reduction, VER):  Hierbei handelt es sich um einen Kohlenstoffdioxidausgleich, der auf dem außerbörslichen oder freiwilligen Markt gehandelt wird – Zertifikate werden gegen Gutschriften getauscht. Für die Ausstellung dieser Zertifikate sind private Unternehmen, zum Beispiel Verra, Gold Standard oder Climate Action Reserve weltweit verantwortlich.
  • Zertifizierte Emissionsreduktion (Certified Emission Reduction, CER):In diesem Fall sind Emissionseinheiten oder -gutschriften gemeint, die durch die gesetzliche Überwachung des CDM-Exekutivrats (engl. Clean Development Mechanism Executive Board, kurz CDM EB) geschaffen werden, um die Emissionen eines Projekts oder Unternehmens auszugleichen. Der CDM-Exekutivrat überwacht die korrekte Ausführung des Kyoto-Protokolls unter der Aufsicht und Leitung der Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls (engl. Conference of the Parties serving as the Meeting of the Parties to the Kyoto Protocol, kurz CMP). Das CDM EB ist für die Projektregistrierung der Teilnehmer und die Ausstellung von CERs verantwortlich.

Der Hauptunterschied zwischen den beiden oben erwähnten Arten besteht darin, dass die zertifizierte Emissionsreduktion im Gegensatz zur freiwilligen Emissionsreduktion durch eine Drittpartei bestätigt werden muss.

Die grafische Darstellung des Ursprungs, der Verweildauer und des Potenzials verschiedener Treibhausgase
Nebst Kohlenstoffdioxid gibt es noch weitere Treibhausgase, die maßgeblich zum Klimawandel beitragen

Was bedeutet “Net Zero” ?

Unter dem englischsprachigen Begriff “Net Zero” wird das Gleichgewicht zwischen der Menge der erzeugten Emissionen und der Emissionen, welche der Atmosphäre entzogen werden, bezeichnet. Im Rahmen des Pariser Abkommens, das am 4. November 2016 in Kraft trat, ratifizierten 55 Staaten, die über 50 Prozent der globalen Treibhausgase emittieren, das Erreichen dieses Gleichgewichts.

“Net Zero” zu erzielen, bedeutet, schon vorhandene Emissionen aus der Atmosphäre zu entfernen und die potenziell neu entstehenden Emissionen durch erneuerbare Energien, klimafreundliche Strategien und “grünes Denken” im gewünschten Niveau zu reduzieren. Auf einer theoretischen Ebene gibt es zahlreiche Lösungen dafür, dieses Ziel zu erreichen. Doch hinsichtlich der praktischen Umsetzung gehen die Meinungen auseinander. Denn das Ziel ist nur durch eine internationale gemeinsame Kooperation zwischen Staaten, Unternehmen und Bürgern zu erreichen.

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Wie funktioniert der Kohlenstoffmarkt?

Emissionsgutschriften können sowohl auf privaten als auch auf öffentlichen Märkten gehandelt werden. Die derzeitigen Handelsregeln erlauben auch den internationalen Transfer von Gutschriften. Laut des globalen Unternehmens- und Strategieberaters McKinsey könnte der Markt für Kohlenstoffgutschriften im Jahr 2030 insgesamt einen Wert von über 50 Milliarden Dollar erreichen.

Die Preise für Emissionsgutschriften werden in erster Linie durch Angebot und Nachfrage bestimmt und sind deshalb großen Schwankungen unterworfen. Es gibt sogar spezielle Börsen, die sich auf den Handel mit den Gutschriften spezialisiert haben, darunter die European Climate Exchange, die NASDAQ OMX Commodities Europe und die European Energy Exchange. Der erste weltweit bedeutende Kohlenstoffmarkt wurde in Europa etabliert: Das EU-Emissionshandelssystem, kurz EU-EHS, ist auch heute noch der größte Kohlenstoffmarkt.

“Agrarkohlenstoffmarkt” – Was können landwirtschaftliche Unternehmen tun?

Der Kohlenstoffmarkt ist ein blühendes Geschäft auf dem internationalen Markt. Aus diesem Grund engagieren sich immer mehr Unternehmen, von denen viele aus dem landwirtschaftlichen Bereich stammen, im Kohlenstoffhandel. Der Handel istsehr lukrativ, allerdings gibt es immer noch keine Harmonisierung aller Regeln und Methoden.

Aus diesem Grund steht der Agrarkohlenstoffmarkt einer besonderen Herausforderung gegenüber, da bis dato noch nicht festgelegt wurde, in welchem Umfang die Landwirtschaft für die Form des Handels genutzt werden sollte. Das Etablieren allgemein anerkannter Standards ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weltweit wurden bereits erste freiwillige Register für den Kohlenstoffmarkt aufgestellt. Auf diese Weise möchte man den Kohlenstoffhandel in der Landwirtschaft regulieren und Standards für Bodenprogramme festlegen.

Welche Rolle spielt der Boden für den Klimawandel?

Der Boden stellt den größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher dar. Deshalb spielt organische Substanz neben ihrer Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit auch eine wichtige Rolle als Umschlagplatz für Treibhausgase. Durch die Photosynthese und die Atmung von Pflanzen und Bodenorganismen wird der terrestrische Kohlenstoffkreislauf beeinflusst.

Pflanzen entnehmen durch Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre. Im Zuge dieses Prozesses wird CO2 in organische Form, namentlich Glucose, umgewandelt und in den Boden abgegeben. Folglich wird Kohlenstoff als Corg im Boden gespeichert. Im Laufe des Zersetzungsprozesses wird ein Teil des organischen Kohlenstoffs langfristig im Boden gebunden, während der Rest durch die Atmung der Bodenorganismen wieder als CO2 an die Atmosphäre abgegeben wird.

Böden können einen hilfreichen “Geschäftspartner” im Sinne des Klimaschutzes darstellen: Wie bereits erwähnt, sind Pflanzen der wichtigste Lieferant für organischen Kohlenstoff im Boden. Die abgestorbenen Pflanzenteile, die sich oberflächlich oder unterirdisch befinden, werden dort von Bodenorganismen abgebaut. Ein “gesunder” Boden kann für einen langen Zeitraum Kohlenstoff speichern und zur Reduzierung von Treibhausgasen beitragen.

Weiterführende Informationen darüber, wie Kohlenstoff im Boden “gelagert” wird und wie organischer Kohlenstoff in den globalen Kohlenstoffzyklus sowie den Klimawandel involviert ist, finden Sie in diesem Artikel von Nature Education.

Der Boden als Kohlenstoffspeicher

Wenn eine Pflanze Photosynthese betreibt, also durch das Sonnenlicht CO2 aufnimmt und daraus Kohlenhydrate sowie Sauerstoff verstoffwechselt, wird CO2 ganz natürlich der Atmosphäre entzogen. Hierbei lagert die Pflanze an ihren Wurzeln aber auch organische Verbindungen ab – diese stammen aus dem aufgenommenen CO2.

Eine Pflanze kann folglich der Luft CO2 entziehen und in Form von organischem Kohlenstoff, der auch Humus genannt wird, im Boden einlagern. Dieser eingelagerte Humus kann gemessen werden, um zu errechnen, wie viel äquivalentes CO2 aus der Luft im Boden gelagert ist.

Es gibt jedoch einen Nachteil, der bis dato diese NET behindert hat: Die präzise Messung der Zu- beziehungsweise Abnahme des organischen Kohlenstoffs im Boden ist mit den herkömmlichen Methoden der Bodenanalyse ein großer Aufwand und sehr teuer.

Wie wird der Anteil an gebundenem Kohlenstoff im Boden gemessen?

Der Anteil des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs kann in der Tat gemessen werden. Jedoch gehen die Meinungen darüber, wie der potentielle Anteil an Kohlenstoff, der in den folgenden Jahren im Boden gebunden werden kann, berechnet wird, auseinander. Derzeit gibt es keine simplen und weltweit einheitlich angewandten Methoden, wie die Menge an absterbender Wurzelmasse gemessen werden kann. Auch die Bestimmung des Kohlenstoffs, der durch Ausscheidungen lebender Wurzeln in den Erdboden gelangt, unterliegt keinem einfachen Vorgehen. 1

Wie können Landwirte den gebundenen Kohlenstoff in Emissionsgutschriften umwandeln?

Das CO2, das durch die Pflanzen auf den Felder aufgenommen und im Boden gebunden wird, kann von Landwirten auf dem Kohlenstoffmarkt gehandelt werden. Der gebundene Kohlenstoff wird von einem Zwischenhändler auf dem Kohlenstoffmarkt validiert und verifiziert. Anschließend erhält der Landwirt Emissionsgutschriften für “sein” CO2; diese Gutschriften werden an große Unternehmen verkauft, die diese nutzen, um ihren CO2-Haushalt auszugleichen. Für jede verkaufte Emissionsgutschrift erhält der Landwirt eine dem an der Börse aktuellen Wert entsprechende Bezahlung.

Da das Monitoring des Kohlenstoffs mittels der üblichen Methode der Laboranalyse nicht nur viel Mühe bereitet, sondern auch sehr teuer ist, wäre es für die Mehrheit der Landwirte nahezu unmöglich, den Kohlenstoffanteil ihrer Felder zu messen und die Ergebnisse anzumelden.

CTA: Unbegrenztes Monitoring

Um diesen Prozess zu vereinfachen, hat Stenon das FarmLab entworfen. Denn dank des handlichen Messgeräts können Bodenanalysen in Echtzeit durchgeführt werden. Landwirte müssen nun nicht auf Laboranalysen warten, stattdessen können sie jederzeit auf ihre Felder gehen und Messungen vornehmen.

Auch wenn es noch keinen globalen Standard für In-situ-Lösungen gibt, um Kohlenstoff im Boden zu kontrollieren, ist das FarmLab die anerkannteste Methode – der Anteil an organischem Kohlenstoff im Boden kann mit Hilfe des FarmLabs regelmäßig überprüft werden. Zudem haben Landwirte die Möglichkeit, unendlich viele Messungen vorzunehmen, eine große Fläche schnell abzudecken und alle ihre Felder zu analysieren. Mit dem FarmLab möchte Stenon Landwirten zur Seite stehen, die daran interessiert sind, die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu fördern.

Die Hälfte aller Treibhausgase, die im Agrarbereich produziert werden, sind auf aktuelle Methoden des Boden-Managements zurückzuführen. Moderne Analysesysteme wie das FarmLab werden somit zunehmend relevanter für den Klimaschutz. Stenons langfristiges Ziel ist es, einen entscheidenden Beitrag zum Umweltschutz zu leisten und Unternehmen im Vorgehen gegen den Klimawandel zu unterstützen.

Über Stenon

Als technologisches Unternehmen im Landwirtschaftssektor möchten wir sowohl die regionale als auch die internationale landwirtschaftliche Agrargemeinschaft unterstützen. Dank des sensorgestützten und cloud-basierten FarmLabs von Stenon sind Landwirte in der Lage, Bodenanalysen in Echtzeit durchzuführen und die Daten direkt vor Ort auszuwerten. Anhand der Messergebnisse kann der Boden beurteilt und die Düngung angepasst werden. Auf diese Weise können Landwirte ihre Ausgaben für Dünger senken und zudem die Umwelt schonen, indem sie ihren Feldern nicht mehr Dünger zuführen als notwendig.

Stenon möchte mit dem FarmLab zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen. Dank der Bodenanalysen in Echtzeit haben Landwirte die Möglichkeit, von ihren pauschalen Düngeplänen abzukommen und die Düngung stattdessen auch kurzfristig exakt anzupassen. Zudem lassen sich mithilfe des FarmLabs Düngestrategien langfristig optimieren, um auch in Zukunft nur so viel wie nötig zu düngen.


Nie zuvor war es so einfach, Bodenproben zu nehmen und Ergebnisse in Echtzeit zu erhalten. Wenn Sie sich für diese moderne Technik interessieren und von den Vorteilen des DLG-zertifizierten FarmLabs profitieren möchten, dann melden Sie sich bei uns. Wir vereinbaren gern einen Gesprächstermin mit Ihnen und einem unserer Experten. In diesem unverbindlichen Gespräch können Sie all Ihre Fragen stellen und mehr über das FarmLab erfahren:

Quellen:

1 https://www.mpg.de/4705567/kohlenstoffspeicher-boden